Urlaub in Malaysia auf den Spuren von Sandokan

Infiziert von den Serien „Sandokan, der Tiger von Malaysia“ und „Die Rückkehr des Sandokan“ und natürlich nicht zuletzt von Schauspieler Kabir Bedi, der diesen tollen Piraten und Freiheitskämpfer gegen die englische Kolonialherrschaft verkörperte, begann ich mich auch für den historischen Sandokan zu interessieren. Anstoß dafür gab Fanclub-Mitglied Dr. Bianca Gerlich, die ihre Doktorarbeit über den historischen Sandokan und sein Umfeld sowie über die Insel Mompracem geschrieben hat. Man kann ihre zu Papier gebrachten Recherchen auch als Buch kaufen.

Als ich während meiner Auszeitreise 2016 in Malaysia war, stieß ich vor allem in Kuching und Labuan auf Spuren von James Brooke, dessen Widersacher. Aber in Kota Marudu fand ich auch das Grab von Sharif Ozman, der eng mit Sandokan zusammen gearbeitet haben soll. Beide hatten vor Ort versucht, das Fort von Marudu zu verteidigen, was nicht gelang. Das las ich auch im Labuan-Museum. Von dem Fort sind nur noch ein paar schwarze Steine zu sehen. Das liegt am feuchtwarmen Klima. Auch im Botanischen Garten (einst Gouverneurssitz von Brooke) sind noch ein paar Steine zu sehen. Von Sandokans Grab keine Spur.

Als ich wieder nach Malaysia wollte, um die Insel Mompracem (heute Kuraman) zu besichtigen und die Insel Pulau Kapas, auf der die erste Serie zum Teil gedreht wurde, hatte ich eine Frage an Bianca. Daraus entstand die Idee, dass wir zusammen hinfliegen. Sie hatte zudem noch den Vorschlag, den Platz zu finden, wo die Vorfahren des historischen Sandokan begraben sind. Der Platz ist bei den Einheimischen heilig, sie lassen nur sehr ungern Fremde dorthin und befürchten zudem die Rache der Geister, die sich dort aufhalten sollen.

Unsere Reiseroute: Flug über Warschau, Singapur (1. Übernachtung) und Terengganu, in Marang (1 Übernachtung) mit einem Boot (Es fahren ständig welche) nach Pulau Kapas (3 Übernachtungen), zurück nach Terengganu mit Stadtbesichtigung, Flug nach Kuala Lumpur (1 Übernachtung), weiter über Kota Kinabalu nach Labuan. 2. Tag Bootsfahrt nach Keraman (früher Mompracem), 3. Tag Flug nach Sandakan und 2 Stunden Busfahrt zur Bilit Adventure Lodge am Kinabatangan bei Sukau. Dort 3 Übernachtungen, in Sandakan 2 Tage, dann über Singapur und Warschau zurück.

In Marang soll angeblich auch ein bisschen gedreht worden sein. Und ich ließ mich von Bianca überzeugen, dass es die Marktszene gewesen sein könnte, bei der Marianna diverse Dinge einkauft. Der Platz dafür könnte ein inselähnliches Gelände zwischen einer Brücke und der Mole gewesen sein. Dort ankern jetzt Boote und ist ein wunderschöner Spielplatz. Ein Boot nach Pulau Kapas zu buchen war leicht, denn es fahren den ganzen Tag welche hin und her. Unser Hotel befand sich direkt neben der Anlegestelle. Ein kurzer Rundgang in der Umgebung nützte mir nix, denn es war Samstag, und die Bank war schon geschlossen (nur bei ATM konnte ich Geld ziehen).

Auf Pulau Kapas haben wir die Südküste versucht zu erlaufen, so gut es ging. Aber an manchen Stellen hinderten uns die Klippen daran, weiterzukommen. Man hätte mit einem Kajak drum herum fahren oder schwimmen können. Es gab zwar hier und da Treppen über die Klippen, aber an einer Stelle war sie zum Beispiel auch gebrochen. Trotzdem haben wir eine ganze Menge erkundet: Klippen anhand mitgenommener Filmfotos identifiziert, Höhleneingänge untersucht und natürlich auch gebadet. An einem Vormittag versuchten wir, ein Boot  zu mieten. Das ging aber nur ab 4 Personen. Es funktionierte trotzdem, weil wir für 4 bezahlten. Nachdem wir dem Bootsführer erklärt hatten, dass es uns auf die Drehorte der Serie ankommt, hat er verstanden und uns überall, wo es nötig war, noch näher herangefahren und in Ruhe fotografieren lassen, so gut es auf einem schaukelnden Boot eben geht. Dafür bekam er auch ein schönes Trinkgeld. Und wir waren glücklich über unser Erlebnis.

Auf Pulau Kapas gibt es zwei Dschungel-Routen von Süden nach Norden über die Insel. Die eine ist sehr lang und nochmal in Nr. 2 und 3 aufgeteilt und nach einem Blick auf einen steilen Hang am Vortag kam das für mich nicht in Frage. Aber die kürzere haben wir gemacht, und selbst die war schon eine echte Herausforderung. Erst nachdem wir mehrere Leute gefragt hatten, fanden wir den Eingang der Route. Zum Glück konnten wir uns an Seilen orientieren, die uns den Weg wiesen. Es war nicht nur manchmal holprig, sondern auch steil und mit Wurzeln schwer begehbar, und dann wurde es glitschig, weil nah am Bach alles aufgeweicht war. Die größte Herausforderung waren sehr hohe Steine auf den letzten ca. 200 Metern, dafür war aber ein Seil mit Knoten installiert. Am Ende kamen wir da an, wo wir am Tag zuvor mit dem Boot in die Bucht schauten mit vielen großen runden Steinen. An einer blauen Zeltplane haben wir die Stelle wiedererkannt. War das der Fluchtweg von Sandokan, Marianna und den übrig gebliebenen Piraten? Ich denke nicht. Das wurde sicher in Italien gedreht. Einen Fluss von der Größe haben wir im Innern der Insel nicht gesehen.

Über Marang gelangten wir wieder zurück nach Terengganu. Da wir erst um 20 Uhr einen Flug nach Kuala Lumpur gebucht hatten (aber nur zum Übernachten), konnten wir noch die zwei Moscheen besichtigen, die ich vorher in Form von Bildern mitgenommen hatte. Der Taxifahrer brachte uns hin und wartete geduldig. An einem Stand neben der Kristallmoschee habe ich dann endlich auch eine neue Tasche gefunden. Bei meiner rissen schon die Henkel aus, weil ich immer die ganze Technik drin hatte während der Flüge, es war also höchste Zeit. Dann setzte uns der Fahrer in Chinatown ab, wo wir zu Mittag aßen, einen Tempel besichtigten und bummelten. Dann fuhr er uns zum Strand, wo es noch einen Eiskaffee gab und einen Strandspaziergang und dann ging es ab zum Flughafen.

Auf der Insel Labuan war ich ja schon und hatte sie vor drei Jahren ausgiebig erkundet. Dieses Mal nahmen wir sie nur als Ausgangspunkt, um zur Insel Kuraman zu kommen (früher Mompracem). Und das war nicht einfach! Gleich nach dem Einchecken im Hotel zogen wir los zur Labuan Marine. In großen Lettern stand es am Gebäude. Im unordentlichen Büro saßen eine Frau und ein dicker Mann. Bianca erklärte unseren Wünsch, nach Kuraman zu kommen. Aber er zögerte, stellte das Unterfangen als sehr schwierig dar, denn zwei Frauen allein unterwegs zu einer einsamen Insel, wer möchte das verantworten? Aber eigentlich ging es ihm wohl darum, den Preis etwas hochzutreiben. Denn in Gedanken sah er schon sich selbst als Begleitung, aber er musste ja arbeiten. Er wollte seinen Chef fragen. Wir sollten in ein paar Stunden wiederkommen. Wir zogen weiter. In der Tourist-Information war nur eine Putzfrau, die uns sagte, wann wir wiederkommen können. Also weiter zur Fähre. Ich dachte, vielleicht hat ja Emma noch ihren Stand dort. Und so war es. Nach anfänglich unsicherem Blick Wiedersehensfreude. Ich kaufte ihr ein Tuch und Kleinigkeiten ab. Wir sagten ihr auch, was wir vorhaben. Sie zeigte uns den Schalter, wo wir die Frage stellen können, aber der war geschlossen. Eine Alternative wäre die Segelschule. Dahin gingen wir, nachdem wir uns in den Geschäften und Bistros etwas gekauft hatten.

Die Segelschule durfte das nicht, sie sei eine Einrichtung des Bundeslandes, so eine Mitarbeiterin. Zurück zum Ursprung. Der Dicke machte mit uns einen Preis und 10 Uhr als Treffpunkt am nächsten Tag aus. 100 Euro für jeden. Anfänglich erschien mir das hoch. Aber am nächsten Tag brachten er und ein Bootsführer uns rüber mit einem Boot. Wir kamen in einen heftigen Regenguss, waren pitschnass, als wir ankamen. Aber dann blieb es sonnig. Nach einem ersten Versuch, die Klippen zu übersteigen, drehten wir um und gingen den Weg durch den Dschungel. Als ein Spinnennetz uns den Weg versperrte (die Spinne war aber nicht so groß), entschuldigte sich Bianca, dass sie das Netz kaputt machen muss. Dann gingen wir durch. Auf Reste aus alten Zeiten stießen wir nicht. Aber Bianca kannte das Restaurant noch in Aktion, das jetzt verfiel. Wir gingen die lange Sandbank weiter bis zur Spitze, fotografierten und gingen wieder zurück, wo ich eine Plastikflasche (Es wird viel Müll angespült) halb mit Sand von „unserem Mompracem“ füllte. Nach einer kurzen Badepause gingen wir die Klippen entlang durchs Wasser (ich in Turnschuhen, sie hatte Aqua-Schuhe). Da sah Bianca von weitem etwas Helles auf den großen Steinen. Um heranzukommen mussten wir über die Steine klettern. Ihre Ahnung bestätigte sich, als wir näher kamen. Da sahen wir den Gedenkstein für den Schriftsteller Emilio Salgari, den Italiener vor 48 Jahren dort auf einem Riesenstein installiert hatten. Bianca und ihre Eltern hatten ihn vor mehreren Jahren entdeckt und auf ihrer Webseite darüber geschrieben. Inzwischen hatten mehrere (auch Journalisten) ihn gesucht und nicht gefunden. Jetzt konnten wir bestätigen: Er ist noch da, zwar sehr verwittert, aber noch lesbar. Das war ein Höhepunkt in meinem Leben. Wir waren auf Mompracem, haben den Gedenkstein gefunden und den Sand von „Sandokans Volk“ unter den Füßen gespürt.

Zwei Stunden lang fuhr der Kleinbus von Sandakan ununterbrochen an Palmölplantagen vorbei, um uns ins Ressort am Kinabatangan zu bringen. Bianca hatte zwischenzeitlich eine Mail von dem Ressort bekommen, dass wegen Überbuchung umgeplant werden musste. Wir fuhren also zur Bilit Adventure Lodge. Als ich dort ankam, war mir alles vertraut, auch zwei Mitarbeiter. Es war die gleiche wie vor drei Jahren. Zufall. Von Anfang an versuchte Bianca mit dem Manager Rool einen Deal, dass er jemanden findet, der uns nach Alt-Melapi zu den Gräbern der Vorfahren von Sandokan bringt. Ob das klappen würde, war eine vage Hoffnung. Da wir immer wieder damit anfingen, erlaubte er unserem Koch aus Melapi, der morgens immer die Pfannkuchen backt, uns hinzubringen. Wir fuhren eine Stunde mit seinem Boot. Dann hielt es an der Böschung. Und wir sollten aussteigen. Die Böschung war rutschig und schwer zu erklimmen. Und dann waren wir auch schon da. Eine Fläche mit trockenem Laub bedeckt, an einer Stelle ein paar schwarze Balken. Ein noch sichtbares Grab von mehreren. Hier liegen, wenn das stimmt, die Vorfahren von Sandokan, aber nicht er selbst. Unser Koch führte uns weiter, mal nach links, mal  nach rechts … dann zeigte er unter Bäumen schwarze Balken-Reste. Das Haus, in dem er aufgewachsen war, stand genauso auf Holzpfählen, wie heute noch gebaut wird. Auf dem Gelände standen schon früher die Lycheebäume, es sind auch einige alte darunter. Ich habe alles in mich aufgesogen, fotografiert und dabei an Sandokan gedacht. Ob das alles wirklich stimmt, weiß ich natürlich nicht. Ich hoffe es. Wir hörten, dass auf den Gomantong-Höhlen, die ich vor 3 Jahren auch gesehen habe, auch noch ein Grab von einem wichtigen Adligen sein soll, allerdings ohne Namen. Einer, der den Berg erklimmen wollte, war abgestürzt. Man soll die Toten ruhen lassen. Liegt dort Sandokan? Er war ja ein Adliger.

Natürlich nutzten wir die Möglichkeit, mit dem Boot auf dem Kinabatangan zu fahren und Tiere zu beobachten, mehrmals aus. Bianca machte auch die nächtliche Dschungeltour im Matsch mit (Es hatte tagsüber geregnet). Die Pygmäen-Elefanten habe ich auch dieses Mal nicht gesehen, aber Krokodile, Reiher, Hornbills und jede Menge Affen.

Meine letzte Station Sandakan durchstreifte ich bereits allein. Bianca hatte in Marudu noch Vorträge zu halten. Ich nutzte den Tag für einen ausgiebigen Einkauf (Tolle Stoffe hat diese Nation!), einen Bummel auf der Strandpromenade und den Besuch des Englischen Teehauses. Ich hatte mein Hotel extra in der Nähe gebucht, so dass ich alles erlaufen konnte.

Karin Itzigehl - Indien - Südostasien - Sandokan - Ostrock 0